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Burgdorf, Schweiz

Advent, Advent, die Zeit sie rennt...

Nun ist bereits der 20.12.2023. Morgen ist Sonnwende, der kürzeste und dunkelste Tag des Jahres auf der nördlichen Halbkugel...Dann kommt bereits Weihnachten.

Ich wollte soviel schreiben und habe aus verschiedenen Gründen keine einzige Zeile zustande gebracht.

Der Alltag mit Schulkind ist für alle Eltern fordernd. Für die Alleinerziehenden unter uns noch mehr. Mir als Fledermaus (lieber spät ins Bett gehen und bitte nicht zu früh raus) macht das frühe Aufstehen schon zu schaffen. Wobei, wenn ich da an meine Schülerin Antje denke, die wenn sie Frühschicht hat um 4Uhr aufstehen muss ist 6.15Uhr human. Trotzdem. Meine Tage gehen oft mit sehr wenigen Pausen durch. Es ist für mich direkt ungewohnt, dass ich jetzt mal eine Woche wenig zu tun habe und auch mal nicht viel mache ausser aufräumen, Bürokram, Weihnachtsvorbereitungen...endlich kann meine Erkältung, die mich mit einer kleinen Pause seit November begleitet ausheilen und mein Körper zu Kraft kommen...


Die vergangenen Wochen waren sehr intensiv und genauso interessant:


Constantin Alex und ich waren eingeladen in Bremen in der Kulturkirche St. Stephani "Das Marienleben" zu musizieren. Es ist eine grosse, schöne Kirche mit tollen Kunstfotos an den Wänden, die eben vor allem für Kultur und Konzerte genutzt wird.

Bremen zeigte sich an dem Wochenende von seiner sonnigen Seite. Ich konnte die Stadt auch etwas auskundschaften. Beeindruckt hat mich das Museum von Paula Modersohn-Becker und ihre Bilder, aber auch der Dom, auf dessen einen Turm ich gestiegen bin.


Nach Hindemith folgte gleich die Glagolithische Messe von Janacek und "Gloria" von Poulenc.

Diese beiden Werke kamen unter der Leitung von Ingo Schulz der Emmaus-Kirche in Berlin Kreuzberg zum klingen. Mein Tenor Partner war kein geringerer als Burkhard Fritz, ein herzensguter Mensch und meines Erachtens einer der besten Heldentenöre, die es gibt zur Zeit in seinem Fach.

Es war sehr beeindruckend mit ihm die Proben und die beiden schönen Konzerte zu erleben. Ich habe dabei sehr viel gelernt alleine durch zu hören und beobachten. Die Konzerte waren sehr schön und Erlebnisse.


Ein Erlebnis hat mich besonders berührt und auf das möchte ich etwas ausführlicher eingehen:

Anfang November hatte ich das Glück unter der Leitung von Sebastian Goll "Lobgesang" und "Wie ein Hirsch schreiet" zu proben und aufzuführen. Sebastian Goll ist nicht nur Dirigent, sondern auch Sänger und ein begnadeter Pädagoge. Die Musik scheint aus seinem innersten Herzen heraus zu kommen. Unter seinem Dirigat wurde mir einmal mehr bewusste, dass Musik wirklich klingende Energie ist. Er atmete ein und das ganze Orchester atmete mit und so nahm er uns einfach mit seiner Energie auf den Klangstrom mit. Es war eine intensive und bereichernde Woche. Ich durfte den Luxus erleben erst als Solistin intensiv mit dem Dirigenten zu arbeiten, dann mit dem Orchester und meinen Kollegen und später mit dem Chor zusammen, bevor es in die Generalprobe und die Konzerte ging. Es waren also für meine sonstigen Konzertgewohnheiten viele Proben. Doch jede einzelne war ein Erlebnis. Alleine der Klang des Orchesters ist ein Erlebnis. Dadurch, dass auf alten Instrumenten gespielt wird, bekam der Klang eine Wärme, die es sonst so nicht gibt. Das Orchester mit dem Konzertmeister Vitaliy Shestakov wurde vor rund 10 Jahren gegründet und besteht aus hochmotivierten Musiker:innen aus allen Nationen, die sowohl in der Region als auch international tätig sind.

Der Studienchor Leimental besteht seit 1988. Ich habe selten eine solche herzliche Wärme erlebt im Umgang untereinander, aber auch mit uns Gästen. Alles war perfekt und liebevoll organisiert. Es wurde jedem einzelnen von uns eine grosse Wertschätzung entgegen gebracht. Das zeigte sich in Kleinigkeiten wie einem liebevoll gestalteten Buffet, oder den Übernachtungsmöglichkeiten, die uns angeboten wurden.

Das erste Konzert fand in Basel statt in der Martinskirche und das zweite in der Basilika vom Kloster Mariastein und beide waren wirklich Erlebnisse. Das Besondere war, dass der Chor als Zugabe "Verleih uns Friede" von Mendelssohn sang, auswendig. Das war sehr beeindruckend und berührend.

Die Musik von Mendelssohn thematisiert oft die Gegensätze von Verzweiflung und Vertrauen, von Unsicherheit und Hoffnung. Es erscheint mir, wie wenn die Musik die Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben und seinen Aspekten thematisiert, wie wenn Mendelssohn selber auch ein Suchender gewesen wäre und dies in seiner Musik zum klingen brachte. In diesem Zusammenhang sind mir ein paar Fragen durch den Kopf gegangen, die ich bis heute nicht abschliessend beantworten kann, aber gerne als Gedankenanstoss mit Euch teilen möchte:

Was ich nicht verstehe ist, dass Mendelssohn nach wie vor als Jude wahrgenommen wird, obwohl er von seinen Eltern getauft und streng christlich (evangelisch) erzogen worden ist. Wenn wir als Gesellschaft einen solch brillanten Kopf so wahrnehmen, obwohl er konvertiert ist und perfekt integriert war in die Gesellschaft seiner Zeit, ist dann Integration in der heutigen Zeit wirklich möglich? Bei Felix Mendelssohn-Bartholdy wird immer auf seinen jüdischen Grossvater den berühmten Philosophen Moses Mendelssohn hingewiesen, so dass sich mir die Frage stellt, ob es uns als Individuum überhaupt möglich ist, sich von unseren Ahnen abzukoppeln und ein eigenes Dasein und Leben aufzubauen, das nicht aufgrund unser Herkunft und unserer Ahnen bewertet wird. Unter diesen Aspekten betrachtet frage ich mich, ob dann ein Friede im Nahen Osten zwischen den Konfliktparteien, die über Generationen bestehen wirklich möglich ist? Ich würde es mir wirklich wünschen...


Die Menschheit scheint soviel Unruhe und Ungerechtigkeit hervorzubringen zur Zeit. Die Gräben zwischen den verschiedenen Meinungen scheinen sich immer mehr zu vertiefen. Jeder Einzelne ist mehr oder weniger betroffen davon und viele fühlen sich allein gelassen. Über unserem Frieden scheint ein Damoklesschwert zu hängen. Ich glaube, wir alle sehnen uns nach Ruhe, Frieden, Geborgenheit. Ich wünsche uns allen, dass die Festtage einen kleinen Teil davon in unser aller Herzen bringen mag.

Das neue Jahr steht schon fast vor der Tür...bei mir bringt es einiges Positives mit sich, doch noch ist es nicht spruchreif, dennoch werdet ihr früh genug davon erfahren. Ich werde Euch auch im neuen Jahr mitnehmen auf meinem Weg.


Ich wünsche Euch allen wunderschöne, friedliche Festtage, voller Geborgenheit und Besinnlichkeit. Ich wünsche uns allen ein friedliches, gesundes neues Jahr voller Hoffnung, Mut, einem guten Miteinander und vielen schönen, bereichernden Stunden.

Ich freue mich, wenn ihr mich im neuen Jahr in meinen Blogs wieder begleitet!







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